Hab' Acht!

Du sollst beten, wenn die Winde brausen.
   Hast du das Thor verwahrt in dieser Nacht?
Schwer liegt die Finsternis im Lande draußen;
   Dein liebster ist Soldat auf stiller Wacht,
Die Wolke schwillt und schwillt. Welch bittres Grausen!
   Horch, horch! ein Schrei verklingt: hab' acht! hab' acht!
      Wem gilt dein Ruf, einsamer Wächter du?
      Was schreckst du müde Schläfer aus der Ruh?

»Die Fürsten sitzen lächelnd beim Pokale,
   Ich bin ein treuer Mann auf stiller Wacht.
Gleichgültig füllt der Himmel uns die Schale
   Der Kümmernis, wenn sich der Sturm entfacht.
Was scheren mich die fremden Wundenmale?
   Der König giebt mir Brot mit in die Schlacht.«
      Was schreit das Volk? Der Glöckner läuft zum Turm.
      Hab' acht! Die Wolke flammt, es läutet Sturm!

 
 
27.6.1896, Simplicissimus, 1. Jahrgang Heft Nr. 13 Seite 5